Abgeordnete des rheinland-pfälzischen Landtags und Mitglieder der Landesregierung haben heute in einer „Orientierungsdebatte“ über Organspende, Organtransplantationen und etwaigen Handlungsbedarf debattiert. Die Debattenform „Orientierungsdebatte“ wurde 2015 auf Initiative der SPD-Fraktion eingerichtet: Bei Orientierungsdebatten wird eine Thematik von allgemeinem und aktuellem Interesse in ihren Grundsätzen erörtert, es gelten keine Fraktionsvorgaben. Von Seiten der SPD-Fraktion sprachen Sven Teuber, Giorgina Kazungu-Haß, Dr. Anna Köbberling, Heijo Höfer und Dr. Katrin Rehak-Nitsche. Überdies sprach Sozialministerin Sabine Bätzing-Lichtenthäler, die auch Mitglied der SPD-Fraktion ist.
Sven Teuber sagte: „Organspende rettet Leben. 10.000 Menschen warten auf eine Organspende, nur 1000 Spender stehen dem gegenüber. Dabei zeigen Studien, dass die große Mehrheit unserer Gesellschaft, der Organspende positiv gegenüberstehen. Die wenigsten haben dies aber bereits dokumentiert. Jede Entscheidung ist zu respektieren, sie ist eine persönliche. Aber ich halte es für richtig, dass jeder sich entscheidet. Ich habe mich entschieden – pro Organspende. Die Widerspruchslösung nach dem niederländischen Vorbild unterstützt uns alle, dass wir uns entscheiden und dies stetig hinterfragen. Daher plädiere ich für dieses Modell, um die rote Laterne in Europa bei den Organspenden endlich abzugeben.“
Giorgina Kazungu-Haß plädiert dafür, auf Aufklärung und eine freie Entscheidung der Bürgerinnen und Bürger zu setzen: „Als kirchen- und religionspolitische Sprecherin teile ich die Auffassung der Amtskirchen. Aus theologischer Perspektive sind das Prinzip der Nächstenliebe und die freie Entscheidung zur Barmherzigkeit entscheidend. Diese freie Entscheidung jedes Einzelnen darf meines Erachtens nicht verlangt werden, wie es bei der Widerspruchslösung der Fall ist. Es muss für Bürgerinnen und Bürger weiterhin möglich sein, sich nicht zu entscheiden. Ich bin der Überzeugung, dass der Staat nicht die Aufgabe übernehmen darf, die Organe der Menschen nach ihrem Ableben zu übernehmen und zu verteilen.“
Dr. Anna Köbberling sprach sich dafür aus, „die Entscheidung zur Organspende von den Angehörigen wegzuverlagern. Der Einzelne muss in einer unbelasteten Situation selbstbestimmt entscheiden, was nach dem Tod mit seinem Körper geschehen soll. Ich halte eine Entscheidungslösung, bei der die Menschen nicht nur informiert, sondern auch nach ihrer Entscheidung gefragt werden und diese auf dem Personalausweis vermerkt wird, für den ethisch richtigen Weg. Datenschutzrechtliche Einwände könnte man meines Erachtens relativ einfach begegnen, indem die Information codiert wird. Natürlich muss die getroffene Entscheidung auch jederzeit veränderbar sein.“
Heijo Höfer sprach sich dafür aus, dass jeder Mensch eine klare persönliche Entscheidung für oder wider Organspende treffen soll: „Diese Entscheidung soll nicht auf andere übertragbar sein. Allerdings sollte mehr zu Organspenden aufgeklärt und mehr Werbung für das Spenden organisiert werden. Durch verschiedene Maßnahmen kann eine Verbesserung der Spenderbereitschaft erreicht werden. Die gegenwärtige Gesetzeslage sieht vor, an jeden Bürger zu appellieren, sich mit dem Thema Organspende auseinander zu setzen.“ Für Heijo Höfer „ist das zu wenig. Deswegen ist der Vorschlag, Ja oder Nein sagen zu müssen und dies etwa auf dem Personalausweis zu dokumentieren, begrüßenswert.“
Dr. Katrin Rehak-Nitsche betonte in der Debatte, dass 81 Prozent der Bürgerinnen und Bürger Organspenden grundsätzlich gut finden: „Da aber Organspende kein Thema ist, mit dem sich Menschen gerne auseinandersetzen, trifft ungefähr die Hälfte der Menschen, die Spenden positiv gegenüberstehen, keine dokumentierte Entscheidung. Zwei Fragen müssen daher im Mittelpunkt stehen: Was können wir tun, damit die Menschen sich mit dem Thema beschäftigen? Und wie können wir die Zahl der Organspenden erhöhen, obwohl sich weiterhin viele Menschen nicht mit dem Thema beschäftigen werden?“ Rehak-Nitsche plädiert für die Widerspruchslösung: „Diese schützt die Interessen der Spender. Und sie schützt vor allem auch die Interessen der Menschen, die auf eine Spende warten.“
Sabine Bätzing-Lichtenthäler, die Mitglied der SPD-Fraktion ist und in der Debatte als Mitglied der Landesregierung sprach, begrüßte die Orientierungsdebatte und forderte eine „Kultur der Organspende“: „Die Bereitschaft zur Organspende lässt sich nicht per Gesetz verordnen. Sowohl für die Abläufe in den Kliniken, in denen Organspenden realisiert werden, als auch für eine größere Akzeptanz in der Bevölkerung brauchen wir eine Kultur der Organspende. Die Krankenhäuser müssen die Organspende als selbstverständlichen Teil ihrer Aufgaben verstehen; dazu brauchen wir das Engagement von der Hausspitze über die Transplantationsbeauftragten bis hin zu den Pflegekräften. Auch in der Bevölkerung brauchen wir Akzeptanz und Unterstützung, um die Organspende tatsächlich und nachhaltig zu stärken. Dazu leistet die heutige Debatte einen wichtigen Beitrag.“