Ihre sechste „Koblenz-Reise“ hat die Landtagsabgeordnete Dr. Anna Köbberling (SPD) unter die Überschrift gestellt: „Koblenz aus der Sicht von Menschen im Hartz-IV-Bezug“. Sie wollte wissen, wie es Menschen in ihrem Wahlkreis geht, die länger als ein Jahr arbeitslos sind. Wie kommen sie mit wenig Geld zurecht? Welche Unterstützungsmöglichkeiten gibt es? Wie schnell kann man wieder in Arbeit kommen? Aber auch: Was muss politisch geändert werden? Dazu hat sie mit Betroffenen gesprochen, mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Koblenzer Jobcenters diskutiert und Einrichtungen der Caritas, der AWO, von Pro Familia und der „Schachtelbesucht. Das drängendste Problem, auf das Köbberling bei allen Gesprächen als Erstes hingewiesen wurde, ist die unzureichende Versorgung mit kostengünstigem Wohnraum in Koblenz. Es gibt einfach zu wenige kleine, preisgünstige und Sozialwohnungen, um die dann auch noch Menschen mit geringem Einkommen, Alleinerziehende, Studierende, Geflüchtete, Ältere und weitere Gruppen konkurrieren. Häufig werden ALG-II-Empfängerinnen und –empfänger dann in Wohnungen von sehr geringer Qualität zu überhöhten Preise abgedrängt. Für Menschen, die z.B. aus der Haft entlassen wurden, bereits auf der Straße leben oder ein Abhängigkeitsproblem haben, bleibt dann keine Wahlmöglichkeit mehr. Übergangswohngelegenheiten werden von der Caritas und der AWO angeboten, aber rund 500 Menschen sind in Koblenz auch ganz ohne Wohnung, wie der Streetworker der „Schachtel“, Erich Weber, schätzt. Sie können im städtischen Übernachtungsheim unterkommen, und sowohl die „Schachtel“ als auch die Caritas bieten Dusch-Gelegenheiten und die Möglichkeit zu einem kostenlosen oder sehr kostengünstigen Essen – z.B. in dem von der „Schachtel“ betriebenen Restaurant „Mampf“. „Schachtel e.V.“ und Caritas schaffen auch die Möglichkeit für Wohnungslose, eine Postadresse anzugeben – eine Voraussetzung für den Hartz-IV-Bezug. Was allerdings fehlt, ist ein Wohnraum nur für Frauen. Die AWO hat Interesse, eine solche Einrichtung zu schaffen, und Köbberling hat dabei ihre Unterstützung zugesagt. Aber natürlich wird sie sich – zusammen mit der SPD-Stadtratsfraktion und über ihre Arbeit im Landtag – auch für den Bau von Sozialwohnungen engagieren. Die kürzlich erfolgte Anhebung der Fördermietenstufe, für die sich Köbberling eingesetzt hatte, ist dafür eine wichtige Voraussetzung.

Auf ihrer „Koblenz-Reise“ begegnete die Abgeordnete aber auch weiteren Problemen: Nicht nur die Betroffenen, sondern auch die Mitarbeiter des Jobcenters oder die Sozialberater von Pro Familia beklagten z.B. die unverständliche Sprache vieler Antragsformulare und das Fehlen eines Leitfadens, mit dem Betroffene durch den Behördendschungel geführt und auf die Reihenfolge der vorzulegenden Unterlagen hingewiesen werden. „Es müsste viel offensiver informiert werden“, findet z.B. der Sozialarbeiter bei Pro Familia, Bernd Patczowsky, „und zwar auch darüber, welchen großen Unterschied es aufgrund der Einkommensfreibeträge ausmacht, ob jemand etwas hinzuverdient oder nicht.“

Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Koblenzer Jobcenters nahmen sich viel Zeit für die Diskussion mit Anna Köbberling, denn sie hatten einiges auf dem Herzen. Ein wichtiges Anliegen war ihnen die Schaffung von mehr Arbeitsgelegenheiten für Menschen, die aufgrund vielfältiger Hindernisse nicht in den ersten Arbeitsmarkt vermittelt werden können. „Eine gemeinnützige Tätigkeit gibt ihnen Würde zurück und strukturiert den Tag“; führten sie aus. Gleichzeitig müsse aber auch durch mehr Außendienstmitarbeiter strenger kontrolliert werden, ob neben der Sozialleistung schwarz gearbeitet werde. „Das ist unsolidarisch und ein Missbrauch von Leistungen, der leicht abzustellen wäre“, fanden sie. Köbberling versprach, zu beiden Themen das politische Gespräch zu suchen.

Als Fazit der Reise blieb der Eindruck, dass aufgrund des günstigen Arbeitsmarktes in Koblenz derzeit die meisten Menschen Arbeit finden. Dass dennoch so Viele unvermittelt bleiben, hat mit Problemen wie fehlenden Schulabschüssen oder Sprachkenntnissen, Behinderung, Sucht oder anderen zusätzlichen Problemen zu tun, um die man sich mit geeigneten Maßnahmen kümmern muss. Trotz günstiger Rahmenbedingungen bleiben zu viele Menschen in unbefriedigenden Situationen stecken. Gleichzeitig gibt es in Koblenz aber auch eine Fülle sehr zielgerichteter Hilfsangebote und engagierter Menschen.