Sehr geehrte Frau Präsidentin,
liebe Kolleginnen  und Kollegen,
sehr geehrte Damen und Herren,
ein Kompromiss ist dann vollkommen, wenn alle unzufrieden sind, sagt ein geflügeltes Wort.
Sicher gibt es eine Reihe von Gründen, mit dem Kompromiss zur Reform der Erbschaftssteuer, den der Vermittlungsausschuss quasi in letzter Minute gefunden hat, unzufrieden zu sein – natürlich auch für die SPD-Fraktion. Insgesamt ist die Tatsache, dass wir nun ein tragfähiges Ergebnis haben, aber ein großer Erfolg. Ein Erfolg, an dem die rheinland-pfälzische Finanzministerin Doris Ahnen maßgeblichen und konstruktive Anteil hatte.
Aus folgenden Gründen:
1. Obwohl die Bundesregierung mit ihrem Gesetzentwurf bis zum letzten Moment gewartet hat, konnten die zeitlichen Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts eingehalten werden. Die Politik hat gezeigt, dass sie – auch bei großen Meinungsverschiedenheiten –  handlungsfähig ist und dass Gesetze von den Parlamenten beschlossen werden, nicht von Verfassungsrichtern.
2.  Die vom Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung vom Dezember 2014 beanstandeten Punkte wurden alle im Sinne des Gerichts verändert, so dass dem Gleichheitsgrundsatz des Artikel 3 Grundgesetz Rechnung getragen wird.
3. Trotzdem wird die Absicht des Gesetzes weiter erfüllt – nämlich Betriebe nicht so zu besteuern, dass sie in ihrer Existenz gefährdet und damit Arbeitsplätze vernichtet werden,
4. Und zwar, ohne die Erbschaftssteuer, die zum Ausgleich sozialer Unwuchten in der Gesellschaft notwendig ist, insgesamt in Frage zu stellen. Dies wäre ausschließlich zu Lasten der Länderhaushalte gegangen.

Dass diese vier Ziele erreicht wurden, ist ein Erfolg.
Im Vermittlungsausschuss wurden darüber hinaus in mehreren Einzelpunkten gute Kompromisse erzielt, die das Gesetz nach unserer Überzeugung erst verfassungsfest gemacht haben, weil sie eine zu starke Begünstigung großer Vermögen verhindern.

  • So bleibt es gemäß dem Kompromiss bei der Bedürfnisprüfung ab einem Wert des begünstigten Vermögens von 26 Mio. EUR je Erwerbsfall. Das heißt, Firmenerben werden ab einem Wert von 26 Mio. Euro Betriebsvermögen nicht mehr zu 100 % von der Erbschaftssteuer verschont, auch wenn sie die Arbeitsplätze über mehrere Jahre erhalten. Sondern es wird geprüft, ob nicht wenigstens ein Teil der Erbschaftssteuer aus seinem Privatvermögengezahlt werden kann.
  • Wer das nicht möchte, kann alternativ eine Abschmelzung des Verschonungsabschlags wählen. Ab einem Erbe von 90 Millionen Euro gibt es keine Verschonung mehr.
  • Der gefundene Kompromiss bezieht sich auch auf die Unternehmensbewertung: Künftig wird das Betriebsergebnis des Unternehmens maximal mit einem Kapitalisierungsfaktor von 13,75 (statt 12,5) multipliziert, um die Höhe der Steuer anzusetzen.
  • Der Vorwegabschlag bei Familienunternehmen wurde konkretisiert,
  • ebenso die Voraussetzungen für eine Steuerstundung.
  • Die mögliche Verschonung von Verwaltungsvermögen bleibt, allerdings nur, wenn das begünstigungsfähige Vermögen nicht zu mehr als 20 % aus Verwaltungsvermögen besteht.
  • Die Altersvorsorge wird auf den Bedarf gedeckelt.
  • Außerdem enthält der Kompromiss Maßnahmen zur Bekämpfung von Missbrauch. So gibt es keine Wiedereinführung von sog. Cash-Gesellschaften
  • und Freizeit- und Luxusgegenstände wie Oldtimer, Jachten und Kunstwerke werden grundsätzlich nicht begünstigt.

Das sind nach Auffassung der SPD-Fraktion allesamt vernünftige Regelungen.
Ob im Falle einer Klage das novellierte Gesetz vorm Bundesverfassungsgericht bestand hat, kann mit Sicherheit niemand voraussehen.
Über die vielfach erlebte Tatsache, dass man in Verhandlungen eigentlich nie mit demselben Ergebnis rauskommt, mit dem man reingegangen ist – auch im Vermittlungsauschuss nicht – gibt es aber sicherlich keinen Dissens in diesem Haus.